Experte: Effekte einer paritätischen GKV-Finanzierung werden überschätzt

Für eine Anhörung des Gesundheitsausschusses im deutschen Bundestag haben IGES-Experten auf überzogene Erwartungen an eine Rückkehr zur paritätischen GKV-Finanzierung hingewiesen. Sie plädierten dafür, statt der Finanzierung vielmehr Möglichkeiten für einen stärkeren Kassenwettbewerb in den Mittelpunkt zu stellen.

Berlin, 24. Februar 2016 (IGES Institut) - „Eine gleiche Teilung der GKV-Beiträge zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist aus ökonomischer Sicht eine stark überschätzte Gestaltungsfrage“, erläutert der IGES-Geschäftsführer, Dr. Martin Albrecht, in einer Stellungnahme. Hintergrund der Anhörung am 24. Februar 2016 waren Anträge der Bundestagsfraktionen der Parteien „Die Linke“ und „Bündnis 90/Die Grünen“. Darin fordern sie die Bundesregierung auf, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, um die paritätische Beitragsfinanzierung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung wieder einzuführen.

Für den Arbeitsmarkt sei die Kopplung der GKV-Beiträge an die Erwerbseinkommen nachteilhaft, insbesondere für geringe und mittlere Einkommen sowie in personalintensiven Dienstleistungsbereichen. Wie sich die Zahllast der GKV-Beiträge auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer verteilt, sei dabei nachrangig, so Albrecht.

Abgabenbelastung trifft vor allem Geringverdiener und Dienstleistungsbranchen

Er verwies dabei auf eigene Untersuchungen, wonach die Arbeitgeberbelastung durch Gesundheitskosten vor allem in den exportorientierten Industrien relativ gering sei. Im Gesundheitswesen und im Bildungsbereich hingegen sind diese Belastungen größer und machen Arbeitsplatzrationalisierungen oder Preiserhöhungen wahrscheinlicher. Andererseits verringert eine steigende Abgabenbelastung der Arbeitnehmer die Arbeitsanreize vor allem bei Beschäftigten mit geringem oder mittlerem Erwerbseinkommen, während sie Schwarzarbeit begünstigt.

Paritätische Finanzierung verbessert nicht den Wettbewerb in der GKV

Parität würde laut Albrecht zudem wenig an den vielfach beschriebenen Defiziten des Krankenkassenwettbewerbs ändern: „Parität bekämpft nur die Symptome eines nicht ausreichend funktionsfähigen Kassenwettbewerbs und verzögert somit eine ursachengerechte Problemlösung.“

Solle der Wettbewerb durch die Versichertenpräferenzen gesteuert werden, müssten Beitrags- und Leistungsunterschiede bei der freien Kassenwahl der GKV-Mitglieder transparent und spürbar sein. Zusätzlich sei aber die Versorgungsorientierung des Wettbewerbs zu stärken. Ein Konzept dafür mit gezielten Budgets für neue Angebote hat IGES zusammen mit der DAK Gesundheit vorgelegt.

Hintergrund:
Seit 2009 besteht ein allgemeiner Beitragssatz für alle Kassen. Dieser liegt seit Beginn des Jahres bei 14,6 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens und ist paritätisch finanziert wird. Bei höherem Mittelbedarf können Krankenkassen einkommensabhängige Zusatzbeiträge erheben, die derzeit ausschließlich die Mitglieder tragen. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag liegt mit Stand Februar bei 1,1 Prozent.