Analyse: AMNOG-Arzneimittel durchdringen Markt höchst unterschiedlich
Das Ergebnis der Nutzenbewertung beeinflusst die Anwendung neuer Arzneimittel weniger als erwartet. Viel entscheidender für die Marktdurchdringung scheinen die jeweiligen spezifischen Marktgegebenheiten eines Behandlungsgebietes zu sein.
Berlin, 21. Dezember 2018 (IGES Institut) - Das zeigen Analysen der Nutzenbewertung von Wirkstoffen zur Behandlung des schwarzen Hautkrebses (Melanom), der Multiplen Sklerose sowie des Diabetes mellitus aus den Jahren 2011 bis 2016. Die Ergebnisse präsentierten IGES-Wissenschaftler auf dem ISPOR-Kongress 2018 in Barcelona.
So kamen im Beobachtungszeitraum sieben neue Wirkstoffe zur Behandlung des Melanoms auf den Markt. Sechs wurde ein Zusatznutzen bescheinigt und in den Nutzendossiers nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) eine Zielpopulation von insgesamt 2.500 bis 4.500 Patienten beschrieben. Rund 4.100 Patienten erhielten 2016 die Präparate. Allerdings sind darin auch Patienten mit anderen Erkrankungen mitgezählt, da einige Präparate zusätzlich für weitere Indikationen zugelassen sind. Die Zahl behandelter Menschen mit Melanom dürfte daher noch geringer sein. Bis 2011 standen für Menschen mit Melanom so gut wie keine Medikamente zu Verfügung.
Bei Multipler Sklerose (MS) wurde einem von drei neuen Wirkstoffen ein Zusatznutzen zugeschrieben. Anders als bei der Melanom-Therapie erhielten im Jahr 2016 aber sogar mehr Patienten als erwartet das neue, positiv bewertete Präparat: rund 11.000 statt geschätzt 9.500 MS-Patienten. Die beiden Wirkstoffe ohne Zusatznutzen wurden zwar weniger als den prognostizierten 85.000 bis 105.000 Patienten verordnet. Dennoch waren es mit rund 6.600 und 14.600 immer noch eine nicht unerhebliche Anzahl. Hier spielt nach Einschätzung der Autoren vermutlich mit rein, dass diese Wirkstoffe eingenommen und nicht gespritzt werden müssen, was Patienten als Vorteil empfinden
Besonders gering ist der Einsatz nutzenbewerteter Diabetes-Medikamente. Sechs von 18 neuen Präparaten wurde ein Zusatznutzen zugesprochen. Bei neun Produkten ohne Zusatznutzen stellten pharmazeutische Unternehmen den Vertrieb ein. Die neun noch am Markt verbleibenden Medikamente machten jedoch nur einen Anteil von vier Prozent an allen verordneten Antidiabetika aus.
Der Kongress war das europäische Treffen der "International Society for Pharmacoeconomics and Outcomes Research" (ISPOR). Er fand vom 10.bis 14. November 2018 statt. Die ISPOR ist eine internationale wissenschaftliche Fachgesellschaft für „Health economics and outcomes research (HEOR)“.
Die IGES Gruppe steuert seit Jahren zum wissenschaftlichen Programm bei.