Krankschreibung wegen psychischer Leiden: jeder 20. Berufstätige betroffen
Psychische Erkrankungen als Ursache von Krankschreibungen nehmen seit mehr als 15 Jahren zu. Seit 1997 haben sie sich verdreifacht und lagen 2014 auf Platz zwei als Grund für Fehltage. Die geringste Rolle am Krankenstand spielen Seelenleiden dabei in den neuen Bundesländern.
Berlin, 27. Oktober 2015 (IGES Institut) – Psychische Erkrankungen hatten im vergangenen Jahr einen Anteil von 16,6 Prozent am gesamten Krankenstand. Sie stehen damit hinter den Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, die mit knapp 23 Prozent weiterhin Platz eins inne haben. Die Zunahme von Fehltagen im Job aufgrund psychischer Probleme ist seit Jahren die auffälligste Entwicklung im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen.
Das geht aus Auswertungen des IGES Instituts für den neuen „Psychoreport 2015“ der DAK-Gesundheit hervor. Experten hatten dafür anonymisierte Daten von rund 2,6 Millionen erwerbstätigen Versicherten ausgewertet.
2014 verursachten psychische Erkrankungen allein bei DAK-Versicherten 6,3 Millionen Fehltage. Deutschlandweit war jeder 20. mit einem Seelenleiden krankgeschrieben. Hochgerechnet auf die Bevölkerung blieben damit 1,9 Millionen Berufstätige mit psychischen Erkrankungen der Arbeit fern. Häufige Diagnosen waren Depressionen, Anpassungsstörungen, Neurotische Störungen und somatoforme Störungen (körperliche Beschwerden ohne organische Ursachen).
Anpassungsstörungen, eine krankhafte Reaktion auf schwere Belastungen, erfuhren die stärkste Zunahme. Ausfalltage aufgrund dieser Diagnose haben sich in den vergangenen 15 Jahren verdreifacht. 2014 gingen auf 100 Versicherte 42 Fehltage auf diesen Grund zurück.
Von einer Diagnose Burnout scheinen Ärzte zunehmend Abstand zu nehmen. Die meisten Fehltage entfielen im Jahr 2011 auf diese Diagnose. Seit dem hat sich ihre Anzahl fast halbiert von rund 10 Tagen je 100 Versicherte in 2011 auf nur noch 5,2 Fehltage in 2014. Vermutlich wird eine entsprechende Symptomatik als „Anpassungsstörung“ dokumentiert.
Entgegen der allgemeinen Debatte sind die Entwicklungen in der modernen Arbeitswelt bei Weitem nicht der einzige Grund für die Zunahme der Fehltage mit psychischer Ursache. Vielmehr führe eine höhere Sensibilität und Offenheit gegenüber psychischen Problemen sowohl bei Hausärzten als auch bei Betroffenen zu mehr dokumentierten Krankschreibungen, so die IGES-Experten.
Psychische Erkrankungen spielen in den neuen Bundesländern am gesamten Krankenstand eine geringere Rolle als in den alten Ländern. Die niedrigsten Anteile finden sich in Thüringen (13,4 Prozent), gefolgt von Sachsen-Anhalt (14,1 Prozent), Brandenburg (14,5 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (14,7 Prozent). Den größten Anteil am gesamten Krankenstand haben psychische Leiden in Hamburg (22,3 Prozent), vor Schleswig-Holstein (19,2 Prozent), dem Saarland (18,8 Prozent) sowie Berlin (18,3 Prozent)