Jeder Zweite stirbt im Krankenhaus

In Deutschland stirbt fast jeder zweite Ältere im Krankenhaus. Dabei wünschen sich die meisten Menschen, in vertrauter Umgebung oder in einer speziell auf das Lebensende ausgerichteten Einrichtung zu sterben. Diesem Wunsch kann bislang in den Kreisen und Städten Deutschlands nur in sehr unterschiedlichem Maße entsprochen werden.

Berlin, 04. November 2015 (IGES Institut) – Bei der Bedeutung des Krankenhauses als Sterbeort ist Deutschland im europäischen Vergleich nicht besonders hervorzuheben. Für andere europäische Länder und Regionen sind sowohl deutlich höhere als auch deutlich geringere Anteile bekannt. So sterben in Großbritannien etwa 58 Prozent aller Menschen im Krankenhaus, in Dänemark hingegen nur 39 Prozent. Von den im Jahr 2013 verstorbenen rund 900.000 Bundesbürgern starben 414.000 im Krankenhaus, ein Anteil von etwa 46 Prozent. Am höchsten ist dieser Anteil mit etwa 55 Prozent in den Altersgruppen 65 bis 69 Jahre und 70 bis 74 Jahre.

Tod im Krankenhaus seltener im höheren Alter
  Für die Hochaltrigen ist das Krankenhaus hingegen deutlich seltener der Sterbeort. Bei den über 84-Jährigen – mehr als ein Drittel aller in Deutschland Verstorbenen zählt zu dieser Gruppe – liegt der Anteil lediglich bei 37 Prozent. Das zeigen Analysen des IGES Instituts für den „Faktencheck Gesundheit“ der Bertelsmann Stiftung zum Thema „Palliativversorgung“, die in dieser Form erstmalig auf kleinräumiger, regionaler Ebene erfolgen.

Extreme und sehr stabile Unterschiede auf Kreisebene
Bemerkenswerte Unterschiede fanden die IGES-Experten zwischen Bundesländern und sogar noch ausgeprägter zwischen Stadt- und Landkreisen. So starben in Baden-Württemberg lediglich 41 Prozent der über 64 Jahre alten Menschen im Krankenhaus, in Berlin und Nordrhein-Westfalen hingegen rund 49 Prozent (bezogen auf die Jahren 2011 bis 2013). Auf Kreisebene betrachtet bewegen sich die Anteile sogar zwischen 33 Prozent und 59 Prozent bei allen über 64-Jährigen. Selbst beim Ausschluss von Kreisen mit extrem hohen Anteilen Sterbender in Krankenhäusern ergibt sich immer noch eine Spannbreite zwischen 38 und 53 Prozent. Bemerkenswert ist zudem, dass sich die Muster der regionalen Unterschiede in den Zeiträumen 2008 bis 2010 und 2011 bis 2013 kaum verändert haben.

Wohnregion hat Einfluss, Altersarmut nicht
Wie auch bei vorausgegangenen Faktenchecks untersuchten die IGES-Wissenschaftler, welche der in internationalen Untersuchungen festgestellten Faktoren auch in Deutschland einen Einfluss auf die unterschiedliche Bedeutung der Krankenhäuser in den letzten Lebenstagen haben. So sterben Großstadtbewohner eher in Kliniken als Bewohner ländlicher oder dünn besiedelter Regionen. Und: Je höher die über das Krankenhaustagevolumen ausgedrückte Inanspruchnahme der Krankenhäuser liegt, desto wahrscheinlicher wird die Klinik auch der Sterbeort sein.

Keinen Einfluss auf den Anteil der im Krankenhaus verstorbenen Älteren an allen Verstorbenen haben den Analysen zufolge andere Faktoren wie Altersarmut oder die Tatsache, dass jemand alleine lebt oder bereits ambulante, pflegerische Unterstützung erhält.


Gesamtplanung für ambulante und stationäre Palliativ- und Hospizversorgung empfohlen

Die Zahl der Palliativbetten hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Auch künftig wird der gesamte Versorgungsbereich den IGES-Experten zufolge sehr dynamisch bleiben. Mit Blick auf die Erkenntnisse des Faktenchecks empfehlen sie daher eine strukturübergreifende mittel- bis langfristige Gesamtplanung der Entwicklung aller ambulanten und stationären Angebote der Palliativ- und Hospizversorgung in Verbindung mit allgemeinen kapazitätsbezogenen Orientierungswerten. Damit könne der Aufbau perspektivisch nicht (mehr) bedarfsgerechter Palliativbettenkapazitäten von vornherein vermieden werden.