Ausgaben für Hepatitis C-Medikamente wieder auf dem Niveau von 2014
Die gesetzlichen Krankenkassen werden nach Prognosen des von IGES herausgegebenen Arzneimittel-Atlas im Jahr 2017 knapp 600 Millionen Euro für Hepatitis C-Medikamente ausgeben. Die Ausgaben bewegen sich damit wieder auf dem Niveau des Jahres 2014, in dem neue antivirale Arzneimittel auf den Markt kamen.
Berlin, 28. Juli 2017 (IGES Institut) - Nach Einführung der neuen, hochwirksamen Wirkstoffe kam es 2015 zunächst zu einem Ausgabenhoch von knapp 1,2 Milliarden Euro, weil aufgeschobene Therapien in Erwartung der neuen Präparate nachgeholt wurden. Seitdem fallen die Ausgaben und lagen 2016 zunächst noch bei 717 Millionen Euro. Das geht aus aus einer Sonderauswertung des Arzneimittel-Atlas anlässlich des Welt-Hepatitis-Tages 2017 hervor.
Die innovativen Arzneimittel haben die Hepatitis C-Behandlung revolutioniert, weil sie anders als die bisherige Therapie mit Interferonen gezielt gegen die Viren wirken (so genannte direct acting antivirals, DAA). Sie erreichen eine Viruselimination bei bis zu 99 Prozent der Patienten, verkürzen die Therapiedauer von üblicherweise 48 auf 12 Wochen und gehen nur selten mit Nebenwirkungen einher.
Die Ärzte haben die neue Generation von Hepatitis C-Mitteln sehr schnell in ihren Behandlungsalltag aufgenommen. Bereits im Spätsommer 2014 hatte die bisherige Interferon-Standardtherapie lediglich noch einen Anteil von weniger als 50 Prozent am gesamten Verbrauch von Hepatitis-C-Medikamenten. Anfang 2015 war es dann nur noch ein Anteil von 10 Prozent, bei dem sich die Interferone alfa inzwischen eingependelt haben.
Dennoch kam es nicht zu Behandlungskosten in Milliardenhöhe, wie sie einst befürchtet wurden, weil die Zahl der Behandlungsfälle überschätzt wurde. Derzeit werden jährlich rund 10.000 Patienten therapiert, so viele wie auch vor der Einführung der DAA. Limitierender Faktor dafür ist unter anderem die begrenzte Zahl der derzeitigen Behandlungsplätze, die sich vor allem im Bereich der spezialisierten, fachärztlichen Versorgung befinden. Aus diesem Grund ging eine IGES-Prognose der Ausgaben auf Basis von Daten des Arzneimittel-Atlas für das Jahr 2015 von etwa 850 Millionen Euro aus. Dies bezog sich auf geschätzte 14.000 Patienten pro Jahr mit Therapiekosten in Höhe von 62.000 Euro je Patient.
Gestiegen ist hingegen der Anteil der erfolgreich Behandelten. Dieser lag vor Einführung der neuen Wirkstoffe bei 40 Prozent, nun bei 85 Prozent.
Die neue Therapieära hat seit 2014 acht neue Wirkstoffe oder Wirkstoffkombinationen hervorgebracht. Im vergangenen Jahr ist zudem ein starker Preiswettbewerb entstanden, da jüngste Neueinführungen deutlich günstiger als Ersteinsteiger-Präparate sind. Dies wirkt sich günstig auf die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus.
Epidemiologischen Schätzungen zufolge sind in Deutschland etwa 267.000 Menschen mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert. Nur die Hälfte von ihnen weiß davon. Und auch von den jährlich rund 5.000 Neuinfizierten wird bei nur 4.000 die Erkrankung diagnostiziert. Betroffen sind vor allem injizierende Drogengebrauchende oder Immigranten aus Hochrisikoländern für Hepatitis C. Jährlich sterben etwa 5.200 Menschen an den Folgen der Infektion, darunter rund 1.500 an Leberkrebs, der schwersten Folge der Infektion.
Zur Versorgung der Hepatitis-C-Infektion sagt der Autor des Arzneimittel-Atlas und IGES-Leiter, Prof. Dr. Bertram Häussler: „Die Therapie der Hepatitis C wurde ab 2014 entscheidend innoviert. Extreme Kostenprognosen sind dabei nicht eingetreten, weil die Zahl der Behandlungsfälle überschätzt wurde. Aktuelle Frage bleibt jedoch, wie diese schwere Erkrankung besiegt werden kann, so wie es die Weltgesundheitsorganisation bis 2030 als Ziel gesetzt hat. Für Deutschland erfordert dies vor allem umfassende Strategien, um vor allem medizinisch schwerzugängliche Patienten wie injizierende Drogengebrauchende zu erreichen.“