Studie: Freizeit ohne körperliche Aktivität in jeder dritten Familie

In jeder dritten Familie gehört körperliche Aktivität nicht zum Freizeitprogramm. Auch regelmäßiger Sport ist in vier von zehn Familien nicht selbstverständlich. Ob und wie Eltern und Kinder bereits im Alltag aktiv sein können, beeinflusst unter anderem das Wohnumfeld. Kommunen können Familien daher unterstützen, tagtäglich ein aktiveres Leben zu führen.

Titel der Studie: AOK-Familienstudie 2018

Hintergrund: Das Gesundheitsverhalten der Eltern und Familienleben beeinflussen die Gesundheit von Kindern. Dies bietet zahlreiche Ansatzpunkte für Prävention und Gesundheitsförderung.

Fragestellung: Wie beschreiben Eltern mit Kindern die Gesundheit der Familie? Welche Bedeutung hat Bewegung im Familienleben?

Methode: Bundesweite, repräsentative und standardisierte Befragung von 4.896 Eltern mit Kindern im Alter von vier bis 14 Jahren (online, telefonisch) sowie semi-strukturierte qualitative Interviews mit Eltern und mit Experten.

Ergebnisse: In jeder dritten Familie gehört körperliche Aktivität nicht zum Freizeitprogramm. Nur die Hälfte der Eltern bewegt sich täglich gemeinsam mit ihren Kindern. Eltern wünschen sich mehrheitlich ein bewegungsfreundlicheres Wohnumfeld etwa durch geeignete Parks, Spielplätze oder gut erreichbare Sportanlagen. Jedes dritte Kind ist übergewichtig.

Autoren: Monika Sander, Richard Ochmann, Jörg Marschall, Guido Schiffhorst, Martin Albrecht
    
Auftraggeber: AOK-Bundesverband

Schlagwörter: Familienleben, Gesundheit, Eltern, Kinder, Bewegung

Berlin, 2. Juli 2018 (IGES Institut) - Das geht aus der AOK-Familienstudie 2018 hervor, für die das IGES Institut 4.896 Eltern mit Kindern im Alter von vier bis 14 Jahren repräsentativ befragt hat. Zusätzlich wurden ausgewählte Eltern sowie Expertinnen und Experten in Einzelgesprächen zum Thema Familienleben und Gesundheitsverhalten vertieft interviewt.

Wie in vielen anderen Lebensbereichen, prägt der Lebensstil der Eltern auch das Bewegungsverhalten der Familie. So sind 71 Prozent der Eltern, die selbst moderat körperlich aktiv sind, der Ansicht, dass körperliche Freizeitaktivitäten zum Familienleben dazugehören. Bei selbst eher inaktiven Eltern sind dies nur 47 Prozent.

Die elterliche Einstellung gegenüber Bewegung wirkt sich auch auf den Medienkonsum und das Wohlbefinden der Kinder aus: Kinder in Familien mit positiver Einstellung verbringen weniger Zeit vor dem Bildschirm als Kinder in Familien mit negativer Einstellung. 56 Prozent der Eltern mit bejahender Haltung gegenüber einem aktiven Freizeitleben berichten, dass ihr Kind zwischen fast jeder Woche und fast täglich schlecht gelaunt oder gereizt ist. Unter den Eltern mit negativer Haltung sind es hingegen mit 70 Prozent deutlich mehr.

Tägliche Bewegung nur in jeder zweiten Familie

Sich täglich im Alltagsleben mindestens einmal gemeinsam mit ihren Kindern zu bewegen, schafft nur die Hälfte der befragten Eltern. Dabei geht es um gemeinsames Zufußgehen, Fahrradfahren, bewegungsorientiertes Spielen oder gemeinsamen Sport.

Die Mehrheit der befragten Eltern empfindet ihr Lebensumfeld zwar als bewegungsfreundlich. Das betrifft etwa die Straßenbeleuchtung der Gehwege, fußläufige Einkaufsmöglichkeiten oder Verkehrssicherheit für Radfahrer. Zwischen 75 und 82 Prozent der Eltern bewerten diesbezüglich ihr Wohnumfeld „in mittlerem bis hohem Maß“ als bewegungsfreundlich. Mit Blick auf öffentliche Angebote wünschen sie sich jedoch mehr: Für 84 Prozent würden geeignete Spielplätze und Parks und für 81 Prozent gut erreichbare Sportplätze, Turnhallen oder Schwimmbäder das Wohnquartier bewegungsfreundlicher machen.

Bewegungsminimum schaffen nur wenige Kinder

Die Studie zeigt ferner, dass lediglich jedes zehnte Kind das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene tägliche Mindestpensum an moderater Bewegung von einer Stunde schafft. Im Durchschnitt bewegen sich die Kinder der befragten Eltern an 3,6 Tagen pro Woche für mindestens 60 Minuten mit moderater Anstrengung.

Rund die Hälfte der Eltern gibt an, dass ihr Kind an einem Wochentag durchschnittlich zwischen 30 und 90 Minuten vor dem Bildschirm verbringt. Am Wochenende ist es noch länger: Dann sitzt rund ein Viertel der Kinder bis zu 60 Minuten vor einem Fernseher oder Monitor, mehr als jedes zehnte Kind sogar länger als vier Stunden.

Mehr übergewichtige Kinder bei übergewichtigen Eltern

Der Studie zufolge ist rund jedes dritte Kind übergewichtig oder sogar adipös (fettleibig). Auch beim Gewicht gibt es einen Zusammenhang zwischen Eltern und Kindern: Der Anteil der Kinder mit Übergewicht oder Adipositas lag bei normalgewichtigen Eltern bei rund elf Prozent, bei selbst adipösen Eltern mit rund 22 Prozent doppelt so hoch. Insgesamt war mehr als jeder zweite befragte Elternteil (58 %) übergewichtig bis adipös. Jeder vierte raucht täglich, Mütter wie Väter. Mit 41 Prozent ist der Anteil der Raucher unter den Eltern mit Hauptschulabschluss höher als unter Eltern mit Abitur oder Hochschulabschluss, wo es lediglich 14 Prozent sind.