Russische Lebenserwartung fast fünf Jahre unter dem Erwartungswert
Russland hat im Jahr 2020 eine Lebenserwartung von nur 73 Jahren. Gemessen an seiner Wirtschaftskraft müsste sie jedoch bei knapp 78 Jahren liegen. Wirtschaftskraft setzt sich in Russland offenbar nicht in Wohlstand um.
Berlin, 10. Mai 2022 (IGES Institut) - Zwischen dem Bruttoinlandsprodukt (BIP, engl. GDP) und der Lebenserwartung gibt es einen starken positiven Zusammenhang. Dieser hat viele Ursachen. Bessere Ernährung, hygienische Verhältnisse, Arbeitsbedingungen, eine bessere Gesundheitsversorgung und andere Faktoren sind die Folgen einer besseren wirtschaftlichen Entwicklung. Diese sind Voraussetzungen für bessere gesundheitliche Bedingungen und damit einer höheren Lebenserwartung.
Russland hat im Jahr 2020 bei einem BIP pro Kopf von etwa 30.000 US-Dollar eine Lebenserwartung von nur 73 Jahren. Gemessen an seiner Wirtschaftskraft müsste die Lebenserwartung von Männern und Frauen zusammen jedoch bei knapp 78 Jahren liegen, wie Berechnungen des IGES Instituts zeigen.
Die Lücke, die sich auftut, lässt befürchten, dass sich die Wirtschaftskraft in Russland nicht in Wohlstand umsetzt. Gründe können das hohe Niveau der Rüstungsausgaben sein sowie das in Russland weit verbreitete Problem, dass ein erheblicher Teil der Wirtschaftsleistung komplett an der Bevölkerung vorbeigesteuert wird.
Lebenserwartung bricht nach Zusammenbruch der Sowjetunion ein
Eine langfristige Betrachtung der Lebenserwartung insbesondere der Männer zeigt, dass es nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu einem außerordentlichen Einbruch der Lebenserwartung kam. 1990 lag die Lebenserwartung in der zusammenbrechenden Sowjetunion mit 63 Jahren rund zehn Jahre unter der von Männern in Westdeutschland. Die Schwäche des Wirtschaftssystems des Ostblocks bekam auch die DDR zu spüren, und auch hier blieb die Lebenserwartung im Jahr 1990 gut drei Jahre hinter dem Westen Deutschlands zurück.
Unter den seit 2000 von Wladimir Putin angeführten Regierungen hat sich die Lebenserwartung von Männern deutlich erholt, liegt aber immer noch etwa zehn Jahre hinter der von westdeutschen und neun Jahre hinter der von ostdeutschen Männern zurück.