Bedarfsanalyse: Lücken in der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation in NRW
Epidemiologisch und klinisch fundierte Schätzungen für die Planung von Krankenhausbetten im Bereich der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation (NNCHFR) fehlen in vielen Bundesländern. Dabei geht es um die Betreuung von hochgradig eingeschränkten Menschen etwa nach Schlaganfall, Hirnblutungen oder schweren Schädel-Hirn-Traumata. Grundlage für eine bessere Bedarfsplanung für diese Patienten könnten Modellrechnungen sein, die IGES-Experten jüngst für Nordrhein-Westfalen (NRW) gemacht haben. Ihr Ergebnis: Für NRW ergibt sich eine deutliche rechnerische Versorgungslücke im Bereich der NNCHFR. Die analysierten Daten deuten darauf hin, dass das bevölkerungsreichste Bundesland die niedrigste Versorgungsquote und die niedrigste Bettendichte, also Betten je 100.000 Einwohner, aufweist.
Berlin, 26. Februar 2013 (IGES Institut) - Bei der Abschätzung des aktuellen Bedarfs an NNCHFR in NRW berücksichtigten die IGES-Wissenschaftler u.a. die Zahl derzeitiger neurologischer Akutfälle, die Erkrankungsschwere und das Alter der Patienten. Danach ergibt sich ein Bedarf von 8.299 (Variante 1) bzw. 13.562 (Variante 2) Behandlungsfällen. In der ersten Schätzung (Variante 1) wurden lediglich Patienten mit neurologischen Hauptdiagnosen bis zu einem Alter von 79 Jahren berücksichtigt, in der zweiten (Variante 2) wurde keine Altersgrenze gezogen und auch ältere Betroffene berücksichtigt. Tatsächlich wurden aber 2010 in NRW nur rund 1.500 Fälle in der NNCHFR behandelt.
Für die geschätzten Fallzahlen errechneten die Experten mit Hilfe der Hill-Burton-Formel eine Anzahl der bedarfsnotwendigen Betten für die NNCHFR in Höhe von 1.011 Betten (Variante 1) bzw. 1.651 Betten (Variante 2). Da im Untersuchungszeitraum selbst unter Einbeziehung der Kapazitäten für die fachübergreifende Frührehabilitation nur 316 Betten für die NNCHFR zur Verfügung standen, ergibt sich somit ein zusätzlicher Bettenbedarf von 695 Betten (Variante 1) bzw. 1.335 Betten (Variante 2).
Situation in anderen Bundesländern besser
Auch der Vergleich mit anderen Bundesländern legt nahe, dass es in NRW eine Versorgungslücke im Bereich der NNCHFR gibt: Während in NRW gegenwärtig rund 5 Betten je 1 Mio. Einwohner für die NNCHFR gibt, sind es z.B. in Rheinland-Pfalz 22, in Baden-Württemberg 36 und in Hessen 77 Betten je 1 Mio. Einwohner. Ferner unterscheidet sich die Inanspruchnahme in NRW deutlich von der anderer Bundesländer: Während es in NRW 53 Fälle je 1 Mio. Einwohner gab, waren es in Rheinland-Pfalz 258 und in Hessen 345 Fälle je 1 Mio. Einwohner.
Krankenhausplanung sollte Versorgung sichern
Die Schätzungen sind Teil des „Gutachtens zur Abbildung der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation im Rahmen der Krankenhausplanung“, das IGES im Auftrag der Landesarbeitsgemeinschaft NeuroRehabilitation NRW erstellt hat. Insgesamt ergeben die Analysen deutliche Hinweise darauf, dass das bisherige Versorgungsangebot in NRW dem tatsächlichen Bedarf nicht vollumfänglich entspricht. Daher plädieren die IGES-Wissenschaftler dafür, dass NRW - wie andere Bundesländer auch - das Instrument der Krankenhausplanung nutzt, um eine bedarfsgerechte Versorgung mit NNCHFR sicherzustellen. Angesichts der besonderen Anforderungen in diesem Versorgungsbereich sollte bei der Ausweisung im Krankenhausplan darauf geachtet werden, dass die Versorgung durch entsprechend leistungsfähige Einrichtungen erbracht wird, heißt es in dem Gutachten.