Pflegeausbildung: jeder Zehnte wählt einen ambulanten Pflegedienst als Ausbildungsträger

Der Versorgungsbedarf in der ambulanten Pflege steigt seit Jahren. Jede sechste Pflegekraft in Deutschland ist derzeit in diesem Bereich beschäftigt. In der Pflegeausbildung ist die ambulante Pflege jedoch etwas schwächer vertreten. Dort ist nur gut jeder zehnte Auszubildende bei einem ambulanten Träger angestellt. Die Pflege im häuslichen Bereich wird zudem als Ausbildungsthema in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich intensiv behandelt. Ein bundesweites Forschungsvorhaben soll nun Licht in das Ausbildungsgeschehen bringen - auch um es, wenn nötig, weiterzuentwickeln.

Titel der Studie: Projekt Lern- und Arbeitsort Häuslichkeit in der Pflege - Forschungsvorhaben zur Evaluation und Weiterentwicklung der Aus-, Fort- und Weiterbildungsstrukturen zum Erhalt und zur Steigerung der Versorgungsqualität und Attraktivität des Lern- und Arbeitsortes Häuslichkeit

Hintergrund: Die seit 2020 geltende generalistisch angelegte Pflegeausbildung soll die Attraktivität des Berufsfeldes Pflege erhöhen. Vor allem in der ambulanten Pflege sind infolge des demographischen Wandels der Versorgungsbedarf und die Anforderungen hoch. Unklar ist bisher, ob die bestehenden Angebote der Aus-, Fort- und Weiterbildung in der Pflege den Herausforderungen der Versorgung von Pflegebedürftigen im häuslichen Umfeld gerecht werden.

Fragestellungen: Inwieweit ist eine Anpassung der Bildungsarchitektur erforderlich, um eine erfolgreiche Integration in das Berufsleben und einen langfristigen Verbleib beruflich Pflegender in der ambulanten Pflege zu fördern? Wie kann dadurch sowohl die Qualität der Versorgung und die Lebensqualität der pflegebedürftigen Personen verbessert, sowie die Attraktivität des Lern- und Arbeitsortes Häuslichkeit gesteigert werden?

Methode: Quantitative und qualitative Methoden und Einbezug vielfältiger Akteure aus Ausbildung, Studium, Fort- und Weiterbildung und Pflege; Recherchen und Analysen zu Lehr- und Lernangeboten der beruflichen und hochschulischen Ausbildung und Weiterbildung und leistungsrechtlichen Rahmenbedingungen der ambulanten Versorgung; Scoping-Review zu neuen Versorgungsformen, Organisationsstrukturen und Modellen der Arbeitsorganisation; Entwicklung einer Bildungsarchitektur mit Lerninhalten sowie deren Erprobung und Evaluation.

Ergebnispräsentation: Wissenschaftliche und nicht-wissenschaftliche Veröffentlichungen, Aufbereitung curricularer Einheiten für Studium, Aus-, Fort- und Weiterbildung, Bereitstellung von Empfehlungen und Ergebnissen des Forschungsprojektes.

Projektleitung IGES Institut: Dr. Elisabeth Hahnel
    
Auftraggeber: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)

Schlagwörter: Ambulante Pflege, Pflegeausbildung, Pflegestudium, Ausbildungsinhalte, Berufsvorbereitung, Versorgungsbedarfe, Versorgungsqualität

Projektlaufzeit: Mai 2023 bis August 2026

Berlin, 19. Januar 2024 (IGES Institut) - Das ist ein Ziel des vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) angestoßenen Projektes „Lern- und Arbeitsort Häuslichkeit“. Ein Wissenschaftlerteam des IGES Institutes setzt das über drei Jahre bis Sommer 2026 laufende Forschungsprojekt um. Über allem steht das Bestreben, zukünftig möglichst vielen Auszubildenden oder Studierenden einen problemlosen Übertritt in den Berufsalltag in der ambulanten Pflege zu ermöglichen und den Arbeitsort bereits in der Ausbildung so attraktiv zu gestalten, um sie dort auch langfristig zu halten. Dies trägt wiederum auch zur Lebensqualität und Zufriedenheit der Pflegebedürftigen bei.

Rund 56.300 Auszubildende haben zum Stichtag 31.12.2021 einen Ausbildungsvertrag zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann abgeschlossen. Davon sind elf Prozent, etwa 6.460 Auszubildende, bei einem ambulanten Pflegedienst als Träger der praktischen Ausbildung angestellt. Der überwiegende Teil, gut 50 Prozent (28.900 Auszubildende), beginnt die Ausbildung in einem Krankenhaus, rund 30 Prozent (18.200 Auszubildende) bei einer stationären Pflegeeinrichtung, wie ein Faktenblatt zum Start des Forschungsprojektes zeigt.

Generalistische Pflege-Ausbildung seit 2020

Die dreijährige Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann erfolgt in Deutschland seit Januar 2020 generalistisch und vereint die bisherigen Ausbildungen der Gesundheits- und Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege. Im dritten Ausbildungsjahr kann eine Spezialisierung in die Bereiche „Altenpflege“ oder „Gesundheits- und Kinderkrankenpflege“ erfolgen. Für die Ausbildungsinhalte existieren bundeseinheitliche Rahmenlehrpläne als Empfehlung. Acht Länder haben inzwischen eigene Landeslehrpläne. (Stand Juli 2023).

Ambulante Pflege in der Ausbildung als Thema sehr heterogen geregelt

Zur Vorbereitung auf den Berufsalltag im häuslichen Bereich findet sich das Setting „ambulant“ derzeit zwar in allen curricularen Einheiten der Landeslehrpläne wieder. Allerdings ist das Ausmaß der Auseinandersetzung mit dem Thema sehr ungleich. So taucht in den Lehrplänen von fünf Bundesländern das Setting „ambulant“ als eigenständiger Absatz auf. Konkrete Fallbeispiele oder „Best practice“ Beispiele fehlen oft und finden sich derzeit nur in Lehrplänen von fünf Bundesländern.

Pflege in der Häuslichkeit besonders herausfordernd

Dabei fordert der Lern- und Arbeitsort Häuslichkeit die dort tätigen Pflegekräfte besonders heraus. Dazu haben auch die Entwicklungen der letzten Jahre beigetragen wie die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes im Jahr 2017, die Etablierung neuer Konzepte wie etwa Community Health Nursing, die Bestrebungen zur Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten oder der zunehmende Technikeinsatz. Vor allem für junge Menschen ohne berufliche Erfahrungen in der Pflege sind dies besondere Herausforderungen, unter anderem, weil es sich um eine sehr enge Betreuung älterer Menschen im privaten, familiären Umfeld handelt, die zudem leistungsrechtlich und organisatorisch stark reguliert ist.

Die Zahl der zu Hause versorgten Pflegebedürftigen steigt kontinuierlich: mit Stand 2021 waren es fünf von sechs Pflegebedürftigen, etwa 4,17 Millionen Menschen. Rund 1,7 Mio. Menschen sind der Pflege tätig (Stand 2022). Von ihnen sind 286.000 Personen in der ambulanten Pflege beschäftigt: 54 Prozent als Fachkräfte, 40 Prozent als Hilfskräfte sowie 6 Prozent als Expertinnen und Experten mit unterschiedlichen Qualifikationen.