Wissensdefizite bei der Behandlung von Kopfschmerzen und Migräne

IGES hat erneut im Auftrag der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) den DAK-Gesundheitsreport 2007 vorgelegt. Der Report zeigt den Krankenstand berufstätiger DAK-Mitglieder im vergangenen Jahr. Schwerpunkt des Reports waren in diesem Jahr Kopfschmerz und Migräne.

Berlin, 01. September 2007 (IGES Institut) - Der Krankenstand sank 2006 auf 3,0 Prozent, während er im Vorjahr bei 3,1 Prozent lag. Ein DAK-Versicherter war 2006 durchschnittlich nur noch 11,1 Kalendertage krank (2005: 11,3 Tage). Knapp sechs von zehn Arbeitnehmern (56 Prozent) waren gar nicht krank. „Seit Einführung der Lohnfortzahlung war der Krankenstand in Deutschland noch nie so niedrig. Die Arbeitnehmer zeigen ein hohes Engagement für ihren Arbeitsplatz und Betrieb,“ kommentiert DAK-Vorstandsvorsitzender Herbert Rebscher die Entwicklung. Weiteres erfreuliches Ergebnis: erstmals seit zehn Jahren ist der Anstieg der psychischen Erkrankungen gestoppt.

Die DAK hat mit dem Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) die Krankschreibungen von 2,6 Millionen erwerbstätigen Mitgliedern ausgewertet und besonders Kopfschmerzerkrankungen untersucht. Ergebnis des Reports: Mehr als die Hälfte aller Deutschen hatte im letzten halben Jahr Kopfschmerzen. 17 Prozent gaben an, unter Migräne zu leiden. Kopfschmerzerkrankungen führen überwiegend zu vergleichsweise kurzen Fehlzeiten. Nahezu 70 Prozent der Erkrankungsfälle dauern maximal drei Tage. Überraschend: Besonders häufig fehlen 15- bis 24-Jährige aufgrund von Kopfschmerzen am Arbeitsplatz. „Kopfschmerzen und Migräne werden häufig bagatellisiert,“ so Rebscher. “Sie sind keine Drückeberger-Krankheiten, sondern oft mit hohem Leidensdruck und Leistungseinschränkungen verbunden.“ Die DAK nimmt die Ergebnisse zum Anlass, eine breite Informationskampagne zu starten.

Volkskrankheit Kopfschmerz und Migräne

Kopfschmerzen und Migräne zählen zu den häufigsten gesundheitlichen Leiden in der Bevölkerung. Viele behandeln den Schmerz im Kopf selbst, wie eine repräsentative Befragung der DAK ergab. Knapp zwei Drittel (62 Prozent) der Kopfschmerz-Betroffenen und gut die Hälfte der Migräne-Kranken nehmen in Deutschland rezeptfreie Schmerzmittel. Selbstmedikation kann gefährlich sein. Eine übermäßige Schmerzmitteleinnahme kann selbst Kopfschmerz auslösen und langfristig zu Organschäden führen. Gerade hier gibt es Wissens-Defizite: 40 Prozent der Kopfschmerz-Patienten und fast ein Viertel der Migräne-Kranken, die ärztlich verordnete Schmerzmittel einnehmen, erhielten nach eigener Aussage keine Aufklärung durch ihren Arzt. Insbesondere über die Folgen eines übermäßigen Schmerzmittelkonsums rezeptfreier Mittel und das Risiko eines medikamentenabhängigen Dauerkopfschmerzes gab es kein ärztliches Gespräch.

Experten weisen auf Defizite in der Versorgung hin

Die DAK hat wissenschaftliche Experten aus wichtigen Forschungseinrichtungen, Universitätskliniken und der ambulanten Versorgung zu Kopfschmerzerkrankungen und speziell Migräne befragt.

Ergebnis: Nicht nur in der Bevölkerung, auch bei vielen Ärzten gibt es Informationsmängel. Es gelte, so die Experten mehrheitlich, den Kenntnisstand der Ärzte zur Diagnostik und Therapie von Kopfschmerzerkrankungen zu verbessern. Leitliniengerechte medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapieverfahren würden zu selten eingesetzt. Insbesondere das Risiko, zu viele Schmerzmittel zu nehmen, sollte stärker kommuniziert werden. Auch beim ärztlichen Anamnesegespräch gäbe es Handlungsbedarf. Jeder fünfte Kopfschmerz-Betroffene und zwölf Prozent der Migräne-Kranken gaben in der DAK-Bevölkerungsbefragung an, mit ihrem Arzt kein ausführliches Gespräch vor Behandlungsbeginn geführt zu haben.

Allgemeine Entwicklung des Krankenstandes

Der Krankstand der berufstätigen DAK-Mitglieder ist seit drei Jahren rückläufig. Gegenüber 2003 ist der Krankenstandswert um insgesamt 0,5 Prozentpunkte gesunken. Der Krankenstand der Männer lag 2006 mit 2,9 Prozent unter dem der weiblichen Versicherten (3,2 Prozent). Männer waren im Jahresdurchschnitt 11,3 Kalendertage und Frauen 10,8 Kalendertage krankgeschrieben.

Die wichtigsten Krankheitsarten

Die prominenteste Rolle im Krankheitsgeschehen spielen Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems. Auf sie entfallen mehr als ein Fünftel (22 Prozent) aller Krankheitstage. An zweiter Stelle stehen die Erkrankungen des Atmungssystems mit einem Anteil von knapp 16 Prozent am Krankenstand. An dritter Stelle der wichtigsten Krankheitsarten stehen mit gut 15 Prozent die Verletzungen. Die psychischen Erkrankungen sind die viertgrößte Krankheitsart. Zehn Prozent des Krankenstandes gingen auf psychische Erkrankungen zurück. An fünfter und sechster Stelle standen Erkrankungen des Verdauungssystems und des Kreislaufsystems mit sieben und fünf Prozent.

Branchenergebnisse

Die Branchen mit den niedrigsten Krankenständen waren 2006 die Rechtsberatung/ Wirtschaftsprüfung und die Datenverarbeitung mit jeweils 2,1 Prozent. Unter dem Durchschnitt lagen auch die Krankenstände bei Banken und Versicherungen mit 2,5 Prozent, Bildung/Kultur/ Medien mit 2,6 Prozent sowie im Handel mit 2,7 Prozent.

Den höchsten Krankenstand weist erneut das Gesundheitswesen mit 3,5 Prozent auf. Es folgt die Öffentliche Verwaltung mit 3,3 Prozent.