Einzigartiges Mobilitätskonzept am Rhein: elf Kommunen setzen auf grenzenlosen Land-Wasser-Verkehr
In bemerkenswerter interkommunaler Zusammenarbeit hat die Region "Mitten am Rhein" ein zukunftsweisendes Mobilitätskonzept entwickelt. Ziel ist es, für rund 240.000 Einwohner dieses Gebietes in den kommenden Jahren ein attraktives, umweltverträgliches und optimal vernetztes Verkehrsangebot zu schaffen. Das Besondere: rund 40 Flusskilometern des Rheins kommt eine zentrale Rolle zu.
4. Februar 2021 (IGES Institut) - Hinter diesem Vorhaben stehen elf rheinland-pfälzische Kommunen, die sich zwischen Bonn und Koblenz befinden. Sie haben sich zusammengeschlossen, um die Region als attraktiven Wohn-, Arbeits-, Bildungs- und Erholungsstandort zu stärken. Durch die gemeinsam entwickelte „Mobilitätsstrategie 2030plus – Mitten am Rhein“ wird für eine vielfältige Region mit rund 240.000 Einwohnern und unterschiedlichen urbanen und ländlichen Strukturen zwischen den Oberzentren Bonn und Koblenz eine gemeinsame Entwicklung verfolgt. Diese Strategie ist die Leitplanke, an der sie ihre regionale Mobilitätsentwicklung bis zum Jahr 2030 und darüber hinaus ausrichten wollen. Begleitet haben diesen zweijährigen Prozess Verkehrsexperten des IGES Instituts.
Zehn Maßnahmen zur zeitnahen Umsetzung
Herausgekommen sind mehr als 60 unterschiedliche Maßnahmen, die die Zielvision „Wir entwickeln eine neue Mobilität auf, entlang und über den Rhein“ ausgestalten. Zehn Maßnahmen wurden vordringliche Handlungsansätze identifiziert und befinden sich teilweise bereits auf dem Weg von der strategischen Planung zur Realisierung. Vor allem der Rhein als zentrales naturgegebenes und verbindendes Element prägt diese Ideen. Demnach soll der Wasserweg als Verkehrsweg für die Menschen besser nutzbar gemacht werden.
ÖPNV auf das Wasser erweitern
So will man etwa künftig auf Wassertaxis, autonome Fähren im 24-Stunden-Betrieb oder ein Wasserbus in Richtung Bonn oder Koblenz setzen. Dies soll den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf das Wasser erweitern und vor allem die trennende Wirkung des Rheins überwinden. In drei bis sieben Jahren könnten derartige Angebote den Prognosen der IGES-Experten zufolge real werden.
Mehrere Maßnahmen setzen auf die Verknüpfung unterschiedlicher Fortbewegungsmittel wie ÖPNV, Fahrrad, E-Autos oder Carsharing-Angebote. Geplant sind Mobilitätsstationen, ob an Fähranlegestellen als MobiPort oder MobiHub an Bahnhöfen oder in der Fläche an ländlichen ÖPNV-Haltepunkten als MobiDot. Letztere sollen vor allem dabei unterstützen, die so genannte „letzte Meile“ nach dem Ausstieg etwa mit dem Fahrrad, Pedelec oder E-Scooter zu überwinden. Die Mobilitätsstationen fungieren somit als Entree zu öffentlicher Mobilität.
Auch der Radverkehr als umweltfreundliche Alternative soll mehr gefördert werden: durch hochwertige, direkt geführte, kreuzungsarme Radverkehrsrouten beidseits des Rheins in der gesamten Region oder durch ein regionales Radverleihsystem.
Einfacher bezahlen mit einheitlichem Tarifmodell
Um den ÖPNV finanziell und organisatorisch attraktiver zu machen, ist zudem ein verkehrsmittelübergreifendes, elektronisches Tarifmodell vorgesehen. Es soll bestehende Verbundgrenzen für die Nutzer ausblenden und etwa zwischen Einstiegs- und Ausstiegshaltestelle leicht mittels Check-in/Check-out-Verfahren mit dem Smartphone bezahlbar sein. Der Fahrpreis kann dann entsprechend der kürzesten Entfernung automatisch mit dem jeweils günstigsten Tarif abgerechnet werden.
Mit Blick auf die Finanzierung dieser Vorhaben verweisen die IGES-Experten auf eine breite Kooperation mit kommunalen Partnern wie den Landkreisen, den Ländern Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen und weiteren relevanten Mobilitätsakteuren wie Verkehrsverbünden oder auch Sponsoren aus der Region. Auch Fördermittel des Bundes sollten einfließen.
Zunahme des Personenverkehrs um bis zu zehn Prozent erwartet
Nach Prognosen des Bundesverkehrswegeplans wird der Personenverkehr bis zum Jahr 2030 bis zu zehn Prozent zunehmen. Treiber sind vor allem Einkaufs-, Urlaubs- und Privatfahrten. Auch im Güterverkehr rechnen Fachleute mit einem Plus in dieser Höhe. Der demographische Wandel sowie die Digitalisierung sind weitere Herausforderungen für Kommunen, die auch den Bedarf und die Art der Mobilität künftig beeinflussen werden.
Möglich gemacht hat das Projekt „Mobilitätsstrategie 2030plus – Mitten am Rhein“ die landesweite Initiative „Starke Kommunen – Starkes Land“, kurz SKSL, des rheinland-pfälzischen Ministeriums des Innern und für Sport. Damit erprobt das Ministerium in Modellregionen, wie interkommunale Zusammenarbeit praktisch funktionieren kann, um dieses Wissen dann anderen Gemeinden bereit zu stellen. Für das Projekt haben sich die Verbandsgemeinden Bad Breisig, Bad Hönningen, Linz am Rhein, Unkel, Vallendar und Weißenthurm sowie die Städte Andernach, Bendorf, Neuwied, Remagen und Sinzig zusammengeschlossen.