Studie: höchste Umverteilungseffekte durch eine Anhebung der Steuerfinanzierung der Krankenversicherung
Im Falle einer Zusammenlegung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung (GKV und PKV) müssten private Haushalte mit hohem Einkommen mit jährlichen Einbußen von bis zu 8.000 Euro ihres Nettoeinkommens rechnen (-10%). Untere Einkommensgruppen könnten hingegen ein Plus von bis zu 260 Euro (+2%) auf ihr Nettoeinkommen erwarten. Voraussetzung: In eine einheitliche Krankenversicherung fließen anders als heute mehr Steuergelder.
Berlin, 13. Mai 2013 (IGES Institut) - Das geht aus der Studie „Gerecht, nachhaltig, effizient – Studie zur Finanzierung einer integrierten Krankenversicherung“ hervor, die Wissenschaftler des IGES Instituts im Auftrag der Bertelsmann Stiftung und des Verbraucherzentrale Bundesverbandes erstellt haben.
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Ziel der Untersuchung war es, Reformoptionen zur Finanzierung der Krankenversicherung zu zeigen und anhand von Kriterien wie Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Effizienz zu bewerten. Grundannahme war, dass es nur noch ein, der heutigen GKV ähnliches Krankenversicherungssystem für die gesamte Bevölkerung gibt. Dabei spielten die IGES-Experten drei Szenarien durch, die sich in der Art bzw. den jeweiligen Anteilen von Beitrags- und Steuerfinanzierung unterschieden.
Entlastung nur bis maximal 18.000 Euro Jahresnettoeinkommen
Eine verstärkte Finanzierung aus der Einkommensteuer belastet mit maximal fast zehn Prozent nicht nur die privaten Haushalte mit den höchsten Einkommen ab 78.000 Euro netto pro Jahr. Auch Haushalte mit Jahresnettoeinkommen zwischen 24.000 und 50.000 Euro würden mit zusätzlich bis zu vier Prozent belastet, während Haushalte mit Jahresnettoeinkommen bis 18.000 Euro im Durchschnitt mit Entlastungen bis zu etwa zwei Prozent rechnen könnten.
In anderen Reformszenarien gibt es der Studie zufolge – betrachtet man private Haushalte insgesamt – durchschnittlich nur zusätzliche Belastungen für alle Einkommensgruppen. Für einzelne Personengruppen wie Arbeitnehmer und Ruheständler ergeben sich hingegen im unteren Einkommensbereich teilweise Entlastungen. Insbesondere ein Festhalten der klassischen Beitragsfinanzierung (bei Ausdehnung auf alle Einkommensarten) hätte weitaus geringere Folgen im Hinblick auf die Umverteilung. „Eine Ausweitung der Beitragspflicht auch auf Kapitaleinkommen ergibt nur relativ geringe zusätzliche Finanzierungsbeiträge, selbst wenn die Beitragsbemessungsgrenze deutlich erhöht würde“ sagt Dr. Martin Albrecht, Leiter der Studie und IGES Geschäftsführer. Demgegenüber gilt die Steuerfinanzierung als weniger nachhaltig, da es bei ihr erfahrungsgemäß häufiger zu Eingriffen des Gesetzgebers kommt.
Ausgleich für finanzielle Einbußen der Ärzte berücksichtigt
Die zusätzlichen Kosten für die administrative Umsetzung der verschiedenen Reformoptionen – der Gesichtspunkt der „Effizienz“ – wären bei der Erhöhung des Steueranteils am geringsten.
Bei der Ermittlung der finanziellen Wirkungen wurden auf der Ausgabenseite unter anderem angenommen, dass niedergelassene Ärzte von einer integrierten Krankenversicherung zusätzlich jährliche Zahlungen in Höhe von 6,3 Milliarden Euro erhalten, um ihre finanziellen Einbußen aus einem Wegfall der privaten Krankenversicherung zu kompensieren.