RSA-Begleitforschung: indirekte Komponenten auf dem Prüfstand
Experten plädieren dafür, den Finanzausgleich zwischen den gesetzlichen Krankenkassen noch stärker als bisher auf den Ausgleich von krankheitsbedingten Mehrkosten auszurichten. Indirekte Faktoren zur Schätzung der Morbidität, die in früheren Versionen des Risikostrukturausgleichs (RSA) eingesetzt wurden, sind dafür nicht mehr unbedingt erforderlich. Dies würde das Ausgleichssystem vereinfachen ohne jedoch die Mittelzuweisung für erkrankte Versicherte zu verringern. Zudem ließen sich so Über- und Unterdeckungen bei den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds unter den Kassenarten optimieren.
Repräsentative und anonymisierte Versichertendaten untersucht
Die Berechnungen erfolgen auf Basis einer anonymisierten und repräsentativen Stichprobe von Versicherten. Ziel ist es, Effekte und Reformoptionen des Morbi-RSA zu analysieren.
Im Mittelpunkt der nunmehr zweiten Veröffentlichung der Begleitforschung steht die Frage, ob das Merkmal „Erwerbsminderungsstatus“ in der Zuweisungssystematik des RSA weiterhin nötig ist. Es dient seit 1994 dazu, indirekt das Krankheitsgeschehen - die Morbidität - der Versicherten und die damit einhergehenden Leistungsausgaben abzuschätzen. Allerdings wurde das Ausgleichsystem inzwischen vor allem mit der Einführung des Morbi-RSA im Jahr 2009 weiter verfeinert und ein direkter Krankheitsbezug implementiert.
Stärkung der Morbiditätsorientierung
„Die Herausnahme des Erwerbsminderungsstatus aus dem Morbi-RSA beeinflusst die Zuweisungsgenauigkeit nur im Promillebereich, stärkt aber die Morbiditätsorientierung“, erläutert der IGES-Geschäftsführer, Dr. Karten Neumann. Die erhöhten Versorgungskosten für Erwerbsminderungsrentner werden auch weiterhin im RSA berücksichtigt, da sie an Krankheiten leiden, die ohnehin im Morbi-RSA ausgeglichen werden. Dazu gehören Erkrankungen wie Depression, Bluthochdruck, chronische Schmerzen oder Diabetes, wobei psychische und Herz-Kreislauferkrankungen das Krankheitsgeschehen bei den Rentenbeziehern dominieren. Damit wird die vom Gesetzgeber angestrebte Orientierung des Ausgleichs an den Krankheitskosten konsequenter als bisher umgesetzt.
Die Herausnahme des Erwerbsminderungsstatus verschlankt zudem die Systematik der im RSA zu berücksichtigenden Risikogruppen. Auch die Verwaltung wird durch die Reduzierung der zu erhebenden und zu überprüfenden Daten leicht vereinfacht.
Deckungsquoten gleichen sich an ohne den Wettbewerb auszubremsen
Da die Über- und Unterdeckungen von Kassenarten immer wieder öffentlich diskutiert wird, hat das Expertenteam zudem die Folgen der Herausnahme des Erwerbsminderungsstatus auf die Deckungsquoten bei den Zuweisungen simuliert. Dies geschah in einer ersten Näherung auf Ebene der Kassenarten und im Vergleich zum Jahr 2014. Danach würden alle Kassenarten näher an eine hundertprozentige Deckung heranrücken. Überdeckungen und Unterdeckungen werden verringert. Damit verbessert die Herausnahme des Erwerbsminderungsstatus die Chancengleichheit im Wettbewerb. Erfolge durch gutes Management kommen weiterhin den einzelnen Kassen zugute.
Redaktioneller Hinweis: In einer früheren Version der Meldung war die Einführung des Merkmals „Erwerbsminderungsstatus“ für das Jahr 1992 genannt. Dies wurde nachträglich auf das Jahr 1994 korrigiert.
Auch das zum Herunterladen angebotene Gutachten wurde diesbezüglich korrigiert.