Keine katastrophischen Entwicklungen bei Kosten für Krebsmedikamente
Krebsmedikamente bleiben auch zukünftig finanzierbar. „Eine katastrophische Entwicklung zeigte sich bisher nicht und auch langfristig ist keine Kostenlawine zu erwarten“, so das Fazit des Leiters des IGES Instituts, Prof. Bertram Häussler, bei einem Expertenforum zum Thema „Ist die onkologische Arzneimitteltherapie künftig noch finanzierbar?“ in Berlin
Berlin, 10. März 2016 (IGES Institut) – „Die Frage der Finanzierbarkeit ist aus der Perspektive der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu beantworten und nicht aus der Perspektive der Preise.“ Seit 2008 seien die Ausgaben für Krebsmittel zwar von 3,4 auf 5,0 Milliarden Euro gestiegen. Ihr Anteil an den Gesamtausgaben habe sich aber nur von 12 auf 13 Prozent erhöht. Die allgemeine Steigerungsrate der Ausgaben für Arzneimittel würde durch Krebsmedikamente von 3,8 Prozent lediglich auf 4,1 Prozent erhöht, erläuterte Häussler auf Tagung von RS Medical Consult.
In den vergangenen zehn Jahren sei immer wieder vor einer katastrophischen Entwicklung der Ausgaben für Krebsmittel gewarnt worden, die sich zu einer Finanzierungskrise der GKV entwickeln könnte. Dies sei insbesondere deshalb nicht eingetreten, weil die Entwicklung in anderen Indikationsbereichen langsamer verlaufen sei. Letztlich bestimme die Gesamtzahl der Innovationen die Entwicklung, die in den vergangenen 15 Jahren bei etwa 30 pro Jahr lag.
Arzneimittelpreise hängen von der Zahl der Patienten ab
Daran hätten auch hohe Preise für Krebsmedikamente nichts geändert, die auf ein Jahr bezogen durchschnittlich bei 74.000 Euro lägen. Häussler führte aus, dass hohe Preise neuer Arzneimittel in hohem Maße von der Zahl der Patienten abhängig seien, für die diese Mittel geeignet seien: Wenn Kosten für Forschung und Entwicklung nur auf tausend Patienten verteilt werden können, müssten die Preise pro Patient tausendmal höher sein als wenn die Einnahmen später auf eine Million Patienten verteilt werden können. Die immer kleineren Patientenzahlen bei immer stärker spezialisierten Formen von Krebsbehandlungen würden einen starken Preisdruck entfachen. Dieser müsse sich aber nicht automatisch auf die Ausgaben auswirken.
Mögliche Bedrohungen für eine moderate Preisentwicklung
Allerdings könnten vor allem drei Faktoren die moderate Entwicklung der Arzneimittelausgaben in den kommenden Jahren bedrohen: erstens, wenn die Gesamtzahl der jährlichen Neueinführungen - nicht nur der Onkologika - deutlich wachsen würde, was im Jahr 2014 tatsächlich der Fall war und auch in 2015 mit 35 über dem langjährigen Durchschnitt lag, zweitens, wenn die Pharmaunternehmen ihre Preise aufgrund der Einzigartigkeit ihrer neuen Medikamente zusätzlich steigern könnten und drittens, wenn insbesondere im Bereich der Onkologie die verordneten Mengen aufgrund von Mehrfachtherapien steigen würden. Für alle drei Punkte gäbe es Anzeichen, wenn auch keine gesicherten.
Instrumente zum Gegensteuern bedingt vorhanden
Gleichzeitig sei es aber auch möglich, mit bestehenden und neuen Instrumentarien gegenzusteuern: So könnte der GKV-Spitzenverband es in den Preisverhandlungen geltend machen, wenn aufgrund von Mehrfachbehandlungen die verordneten Mengen stiegen. Außerdem könnten theoretisch ein Wettbewerb zwischen Anbietern entstehen und Preise unter Druck geraten, wenn sich durch die gestiegene Zahl der jährlichen Neueinführungen Überschneidungen bei den Einsatzmöglichkeiten einzelner neuer Wirkstoffen ergeben.
Häussler machte deutlich, dass der AMNOG-Prozess in seiner gegenwärtigen Form dafür nur eingeschränkt geeignet ist, weil konkurrierenden neuen Arzneimitteln zwar keine Preiserhöhungen erlaubt sind, es aber auch keine Handhabe gäbe, Preissenkungen zu erzwingen.