EU-Erstattungsverfahren für Arzneimittel bleiben Herausforderung
Experten haben auf einer Fachtagung in Berlin eine positive Bilanz der europäischen Aktivitäten gezogen, die Health Technology-Assessment (HTA)-Systeme der einzelnen EU-Länder für Arzneimittel zu harmonisieren. Einheitliche Erstattungsverfahren und damit ein einheitlicher Marktzugang sind aber weiterhin nicht zu erwarten.
Berlin, 8. November 2017 (IGES Institut) - 2006 hatte die Europäische Kommission eine Initiative gestartet, den wissenschaftlichen Austausch innerhalb der EU im Bereich des HTA zu verbessern und gemeinsame Standards zu entwickeln. Es entstand ein freiwilliges Netzwerk, EUnetHTA, an dem sich inzwischen rund 80 Institutionen aus 28 EU-Ländern sowie aus der Schweiz, Türkei, aus Norwegen und Russland beteiligen.
„Die HTA-Harmonisierung erleichtert es, europaweit klinische Studien aufzusetzen und Studiendaten zu nutzen, was aus wissenschaftlicher Sicht ein großer Fortschritt ist“, sagte Prof. Häussler, Leiter der IGES-Gruppe, auf der Bio Europe 2017 in Berlin. Die eigentlichen Erstattungsverfahren würden sich aber kaum vereinheitlichen lassen, weil sich darin die jeweiligen Rahmenbedingungen der unterschiedlichen Sozialsysteme indirekt widerspiegelten.
Vor allem für kleine und mittelständische Arzneimittelentwickler bleibt der Zugang in die verschiedenen europäischen Märkte daher weiter eine Herausforderung. Sie haben häufig noch nicht die Möglichkeiten, sich auf die verschiedenen Anforderungen vorzubereiten. Dies betrifft häufig Entwickler innovativer biotechnologischer Medikamente. „Junge Unternehmen sollten bereits in frühen Phasen ihrer Entwicklungsarbeit die Erstattungsfähigkeit ihrer Innovationen im Blick haben“, erläutert Häussler. Dazu gehöre etwa, Studien so zu konzipieren, dass sie nicht nur zur Zulassung, sondern auch in den verschiedenen Erstattungsverfahren genutzt werden können.
Deutlich wurde auf der Veranstaltung, dass die so genannten „Parallel Consultations“, die seit Juli 2017 bestehen, gut angenommen werden. Sie ersetzen den bisherigen „Parallel Scientific Advice“ und ermöglichen Unternehmen, wissenschaftliche Evidenz für das Zulassungs- und für die Erstattungsverfahren in einem Schritt zu generieren. Laut Häussler sollten besonders kleine Unternehmen diese nutzen.
Die Bio Europe ist mit mehr als 3.000 Besuchern die größte Fachmesse der Life-Science-Branche ihrer Art in Europa. Die IGES Gruppe hatte dort ein Expertengespräch zum Thema „Europäische HTA- und Erstattungssystem“ initiiert. An der Veranstaltung nahmen Vertreter der Industrie, des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sowie der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA teil.
Die IGES Gruppe war mit ihren Unternehmen IGES Institut, IMC clinicon für den Bereich stationäre Versorgung, CSG Clinische Studiengesellschaft für das Gebiet der klinischen Forschung sowie HealthEcon - ein europäisches Consulting-Unternehmen im Bereich Gesundheitsversorgung - auf der Bio Europe vor Ort.