Rabattverträge: Anzahl der Vertragspartner beeinflusst Verfügbarkeit von Arzneimitteln
Insgesamt betrachtet kommt es selten vor, dass Patienten aufgrund von Lieferengpässen bei einem Hersteller ein wirkstoffgleiches Präparat eines anderen Herstellers erhalten. Nur bei 0,6 Prozent aller Verordnungen müssen ihnen Apotheker ein entsprechendes Alternativmedikament abgeben. Allerdings ist dies dreimal so häufig der Fall, wenn bei rezeptierten Wirkstoffen exklusive Rabattverträge statt Mehrpartnerverträge zwischen Krankenkassen und Pharmaherstellern bestehen.
Berlin, 26. November 2019 (IGES Institut) - Das zeigen Analysen des IGES Instituts im Auftrag des Verbandes Pro Generika. Ein Anteil von 0,6 Prozent Nichtverfügbarkeit aller Verordnungen entspricht rund vier Millionen der insgesamt 695 Millionen Rezepte im Jahr 2017. Dieser durchschnittliche Anteil war bei allen Krankenkassenarten ähnlich hoch und bewegte sich zwischen 0,4 Prozent bei den Ersatzkassen und 0,9 Prozent bei den AOKen.
Unterschiede zeigen sich jedoch, wenn man das Rabattvertragsgeschehen bei den Analysen berücksichtigt. Je mehr Vertragspartner bei einem rabattierten Wirkstoff einbezogen sind, desto seltener müssen Apotheken alternative Präparate abgeben. So lag der Anteil von Nichtverfügbarkeit eines Wirkstoffes bei Exklusivverträgen zwischen Krankenkassen und Herstellern bei 1,5 Prozent der Verordnungen. Bei zwei oder drei Verträgen reduzierte sich dieser Anteil hingegen auf 0,5 Prozent und bei mehr als drei Rabattverträgen auf 0,4 Prozent.
Einige Wirkstoffe sind besonders auffällig bei Nichtverfügbarkeit
Allerdings kam es bei einigen gängigen Wirkstoffen übermäßig häufig vor, dass Versicherten nicht das verordnete Medikament in der Apotheke ausgehändigt werden konnte. Die IGES-Experten identifizierten 33 Wirkstoffe mit Exklusiverträgen, bei denen mehr als jede zehnte Verordnung nicht wie rezeptiert ausgegeben werden konnte. Bei dem Vitamin-D-Präparat Alfacalcidol war dies sogar mehr als jede dritte Verordnung (38,8 Prozent), bei dem Magensäureblocker Ranitidin rund jede vierte (27,1 Prozent). Bei Ranitidin etwa verringerte sich aber der Nichtverfügbarkeitsanteil von 27 Prozent auf mindestens 1,5 Prozent, wenn es mehrere Vertragspartner gab.
Fast 60 Prozent aller Verordnungen waren 2017 rabattiert. Ein Drittel davon entfiel auf Konstellationen mit einem Rabattvertrag je Kasse und Wirkstoff. Bei 46 Prozent lagen Verträge mit zwei oder drei Herstellern zugrunde.
Bezogen auf Wirkstoffe waren es 579 Substanzen, für die Rabattverträge bestanden. Das entspricht rund einem Fünftel aller rund 2.600 erstatteten Wirkstoffe. Für fast zwei Drittel der rabattierten Wirkstoffe wurden Exklusiverträge geschlossen (206 von 579 Wirkstoffen).
Analyse mit Daten aus den Apotheken
Anders als einige andere Analysen zum Thema Lieferengpässe beruht die IGES Studie nicht auf den freiwilligen Meldungen der Pharmahersteller zu Lieferschwierigkeiten. Vielmehr werteten die IGES Experten die in den Apothekenrechenzentren gesammelten Arzneimittelabrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen aus. Daraus geht hervor, wenn Apotheken ein verordnetes, rabattiertes Arzneimittel nicht abgeben können und auf ein wirkstoffgleiches Alternativpräparat ausweichen müssen. Diese Informationen liegen bis auf Wirkstoffebene vor. Zudem geben diese Daten Auskunft über vorliegende Rabattverträge.
Fälle mit Ausweichen auf anderen Wirkstoff nicht dokumentiert
Die IGES Wissenschaftler weisen darauf hin, dass ihre Auswertungen nur einen Teil der Lieferengpässe sichtbar machen. Nicht berücksichtigt werden können die Fälle, in denen Patienten überhaupt nichts abgegeben werden kann, weil kein einziger Hersteller lieferfähig ist. Dann kann eine neue Verordnung möglicherweise mit einem anderen Wirkstoff erforderlich sein. Diese Problematik wird in den Abrechnungsdaten nicht abgebildet.