Übermittelte Corona-Todesfallzahlen derzeit doppelt so hoch als zu erwarten wäre
Im Rahmen seines Pandemie-Monitoring hat das IGES Institut zusätzliche Analysen zu den Corona-Todesfällen erstellt. Demnach beträgt bei Verstorbenen die Zeitspanne zwischen positivem Laborbefund und der Übermittlung der Information über den Todesfall rund drei Wochen. Davon entfällt etwa eine Woche auf administrative Abläufe sowie weitere zwei Wochen auf die durchschnittliche Dauer der Corona-Erkrankung im Todesfall. Um schneller aussagekräftige Daten über das derzeitige Infektionsgeschehen zu erhalten, schlagen die Autoren ein Fast-Track-Meldesystem vor.
Berlin, 26. Januar 2021 (IGES Institut) - „Unbestritten sind die Todesfallzahlen insgesamt dramatisch. Sie sind jedoch für aktuelle politische Entscheidungen aufgrund des zeitlichen Verzuges weniger entscheidend als allgemein kommuniziert. Denn die epidemiologische Lage, die diese Zahlen beschreiben, liegt faktisch drei Wochen zurück“, sagt IGES-Chef Professor Bertram Häussler.
„Zu Recht sind Verstorbene in der politischen Diskussion der Parameter, der Entscheidungen am stärksten prägt. Zumal wenn diese Zahlen von der Öffentlichkeit ganz überwiegend dahingehend interpretiert werden, dass es sich um die Verstorbenen der ´letzten 24 Stunden´ handeln würde“, erläutert Häussler.
Tatsächlich aber sagen diese Zahlen nur sehr bedingt etwas über die aktuelle Lage aus. Zum einen können sie besser sein. Dies war im Oktober 2020 der Fall, als die Zahl der Verstorbenen eine viel positivere Situation zeigte, die nicht zu der damals bereits steigenden Zahl an Neuinfektionen passte. Oder sie lassen zum anderen nicht erkennen, dass eine positive Entwicklung stattfindet, wie eine Darstellung im IGES Pandemie Monitor verdeutlicht.
Todesfallzahlen sinken bereits
Aktuell zeigen die Todesfallzahlen ein übertriebenes Bild der Situation. Dabei sinkt die Zahl der Verstorbenen derzeit stark. So wurden etwa am 19. Januar, dem Tag des Bund-Länder-Treffens zur Corona-Krise 989 Todesfälle gemeldet. „In etwa drei Wochen werden wir feststellen, dass diese Zahl für den 19. Januar nur etwa halb so hoch sein wird“, prognostiziert Häussler. Die aus der Vergangenheit übermittelten Todesfallzahlen sind somit etwa doppelt so hoch als die derzeit zu erwartenden Zahlen.
Viele der extrem hohen Todeszahlen in den vergangenen Wochen sind Zahlen, die sich tatsächlich Ende November bis Anfang Dezember und vor allem während der Weihnachtsfeiertage ergeben haben. Mit mehr oder weniger großem Verzug landen diese Daten dann in offiziellen Berichten.
„Das derzeitige Meldesystem muss dringend optimiert werden. Wir laufen sonst Gefahr, auf Dauer veraltete Sterbezahlen zu nutzen, die in keinem Verhältnis zur Gegenwart stehen. Sie sollten auf keinen Fall als Beleg für ein derzeit vorliegendes Risiko verwendet werden“, sagt Häussler.
Schnell ein sensitives Controlling des Corona-Management aufbauen
Da eine kurzfristige Verbesserung kaum möglich sei, schlägt er vor, unverzüglich ein Fast-Track-Reporting zu installieren: So könnten fünf oder mehr Gesundheitsämter aus verschiedenen regionalen Settings innerhalb kürzester Zeit personell, technisch-digital und methodisch auf den besten Stand gebracht werden. „Das Corona-Management braucht ein leistungsfähiges Controlling, das zwischen den Effekten von Lockdown, Impfungen, Einschleppungen von außen sowie insbesondere der derzeit befürchteten Verbreitung von Virus-Mutationen unterscheiden kann“, so Häussler.