Digitale Packungsbeilagen: Treibhausgas-Fußabdruck über 90 Prozent geringer im Vergleich zu gedruckter Variante
Digitale Beipackzettel können einen Beitrag für eine nachhaltigere Arzneimittelversorgung leisten. So ist der Treibhausgas-Fußabdruck von e-Gebrauchsanweisungen über 90 Prozent geringer im Vergleich zur papierbasierten Lösung. Ein weiterer Vorteil digitaler Packungsbeilagen von Medikamenten ist zudem die verbesserte Patienteninformation. Ein neu entwickelter CO2-Fußabdruck-Rechner ermöglicht es pharmazeutischen Unternehmen, den Treibhausgas-Fußabdruck der eigenen Beipackzettelproduktion zu ermitteln.
Berlin, 30. November 2023 (IGES Institut) - Das sind Ergebnisse von Berechnungen des IGES Instituts und des Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML), die jüngst in der Fachzeitschrift „pharmind“ veröffentlicht wurden (Pharm. Ind. 85, Nr. 11, 1–8 (2023). Sie entstanden im Auftrag der pharmazeutischen Herstellerverbände Bundesverband der Arzneimittelhersteller e.V. (BAH), Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) und Verband forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa) sowie der Roten Liste Service GmbH.
Detaillierte Lebenszyklus-Analyse vom Druck bis zur Verteilung
Startpunkt der Studie war eine Lebenszyklus-Analyse der arzneimittelrechtlich vorgeschriebenen gedruckten Packungsbeilagen im Vergleich zur digitalen Variante. Grundlage war eine Datenerhebung, zu der 29 pharmazeutische Unternehmen aller Typen und Größenordnungen Angaben zu relevanten Parametern für die Treibhausgasemissionen bereitstellten. Dazu zählen neben der Zahl, den Abmessungen und dem Gewicht der Gebrauchsinformationen auch Angaben zu den Distributionswegen und -distanzen und zum Ressourcenverbrauch.
Der Studie zufolge wurden in Deutschland im Jahr 2022 rund 1,5 Milliarden Packungsbeilagen hergestellt. Das entspricht einer bedruckten Fläche von rund 270 Quadratkilometern oder zum Vergleich einer Fläche von fast 38.000 Fußballfeldern.
Unterschiede der Emissionen je nach Verschreibungsstatus der Medikamente
Demnach ist jede gedruckte Packungsbeilage im Durchschnitt mit einem Treibhausgas-Fußabdruck von sieben Gramm CO2-Äquivalenten verbunden. Allerdings unterscheidet sich dies je nach dem Verschreibungsstatus der Medikamente: So enthalten die Packungsbeilagen verschreibungspflichtiger Arzneimittel im Durchschnitt mehr Text und wiegen daher im Mittel 4,9 Gramm, die von Arzneimitteln der Selbstmedikation dagegen rund 2,5 Gramm. Entsprechend unterscheiden sich auch die CO2-Fußabdrücke. Insgesamt erzeugten alle Packungsbeilagen 2022 rund 11.600 Tonnen CO2-Äquivalente.
In einem weiteren Schritt wurde das Einsparpotenzial der Emissionen für die rein digitale Bereitstellung abgeschätzt. Dieses liegt bei e-Beipackzetteln bei über 90 Prozent. Ein digitaler Zugang zu Gebrauchsanweisungen kann beispielsweise über den Scan eines Data-Matrix-Codes realisiert werden, der den Abruf in einer Datenbank auslöst.
„Digitale Gebrauchsinformationen sind ein Beispiel dafür, wie neue und weiterentwickelte Instrumente der Information von Patienten durch Digitalisierung zusätzlich auch Treibhausgase einsparen können. Und es zeigt, dass an vielen Stellschrauben gedreht werden kann und muss, um klimaneutraler zu wirtschaften“, erläutert Studien-Coautor, Dr. Norbert Gerbsch, Leiter Public Affairs am IGES Institut.
Online-Tool für die Berechnung von Emissionen entwickelt und veröffentlicht
Das für die Studie entwickelte Carbon-Footprint-Modell ist zudem die Basis für einen „Carbon Calculator“: ein Online-Tool, mit dem pharmazeutische Unternehmen ihre individuellen THG-Emissionen ihrer eigenen Beipackzettel ermitteln können. Es wird von dem Herausgeber des Arzneimittelverzeichnisses „Rote Liste“, der Rote Liste Service GmbH, bereitgestellt.
Dobers K, Gerbsch N, Mandry T, Preut A; Carbon footprint of package leaflets. A comparative study on greenhouse gas emissions of paper-based and digital package leaflets for pharmaceuticals – Part 1; Pharm. Ind. 85, Nr. 11, 1046–1054 (2023)
Dobers K, Gerbsch N, Mandry T, Preut A; Carbon footprint of package leaflets. A comparative study on greenhouse gas emissions of paper-based and digital package leaflets for pharmaceuticals – Part 2; Pharm. Ind. 86, Nr. 11, 91–97 (2024)
Acknowledgements