Prävention in der häuslichen Pflege ausbauen
Zu Hause betreute Pflegebedürftige könnten mehr von präventiven Gesundheitsangeboten profitieren. Doch anders als etwa in Pflegeheimen, Schulen oder Kitas ist es schwerer, im individuellen häuslichen Rahmen entsprechende Angebote bekannt zu machen und zur Teilnahme zu motivieren. Ein Pilotprojekt will das ändern und das Thema Prävention in der häuslichen Pflege fördern.
Berlin, 29. Oktober 2024 (IGES Institut) – Initiiert hat das Modellvorhaben „ReGe Pflege – Regionales Gesundheitsnetz für Pflegebedürftige Daheim“ die AOK Rheinland/Hamburg. Die Krankenkasse setzt es mit dem Forschungsinstitut IGES Institut und dem Beratungsunternehmen MA&T Sell & Partner um. Ein Expertenbeirat begleitet es.
Langes Leben in den eigenen vier Wänden von Pflegebedürftigen
Im Fokus stehen rund 65.000 über 60-Jährige mit den Pflegegraden 1 bis 3, die in drei Pilotregionen in Nordrhein-Westfalen nach Einschätzung der AOK von dem Angebot profitieren könnten. Ausgewählt wurden die Stadt Aachen sowie die Kreise Euskirchen und Wesel.
Ziel ist es, die Teilhabe, Lebensqualität und Mobilität der dort lebenden Pflegebedürftigen zu fördern, damit sie so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben können. Dafür sollen sie mehr über gesundheitsfördernde Angebote, wie etwa Bewegungskurse, erfahren. Um das zu erreichen, sollen Multiplikatoren gefunden werden, die sie für das Thema Prävention sensibilisieren und zur Nutzung entsprechender Angebote motivieren. Neben körperlicher Aktivität sind die Stärkung kognitiver Ressourcen, die psychosoziale Gesundheit aber auch die Verhinderung von Gewalt gegenüber Pflegebedürftigen weitere relevante Präventionsbereiche.
Prävention nur selten Thema bei Pflegeberatung
Wie nötig die Aufklärung über Präventionsangebote ist, zeigt eine IGES-Evaluationsstudie über die Pflegeberatung. Dort konnte gezeigt werden, dass nur selten zu den Themen Prävention und Gesundheitsförderung beraten wird, obwohl Interesse besteht. Zudem wurde deutlich, dass die Hälfte der Ratsuchenden, denen entsprechende Angebote bisher unbekannt sind, ein starkes Interesse daran haben.
Multiplikatoren sollen über Angebote informieren
Die für das Pilotprojekt der AOK Rheinland/Hamburg gedachten Multiplikatoren sind Akteure, die mit den zu Hause betreuten Pflegebedürftigen in Kontakt stehen. Dies können etwa Pflege- und Betreuungsdienste, Menschen aus der Pflegeberatung, aber auch Trainerinnen und Trainer in Sportvereinen oder Ärztinnen und Ärzte sein. Sie werden im Rahmen des Projekts für die Potenziale der Prävention bei Pflegebedürftigen sensibilisiert. Konkret können die Multiplikatoren die Pflegebedürftigen über bestehende Angebote informieren oder auch Maßnahmen selbst umsetzen. Insgesamt soll durch die Multiplikatoren der Zugang zu Angeboten der Gesundheitsförderung und Prävention für häuslich Gepflegte erleichtert werden.
Bestehende Angebote zur Gesundheitsförderung einbeziehen
Damit dies alles funktioniert, werden in dem Projekt Netzwerkstrukturen entwickelt, wobei einerseits bereits vorhandene Strukturen zur Gesundheitsförderung einbezogen und andererseits auch neue Angebote und Strukturen geschaffen werden können. Jede Region setzt sich dabei individuelle Ziele für die Gesundheitsförderung und Prävention in den Bereichen körperliche Aktivität, psychosoziale Gesundheit, kognitive Ressourcen oder Gewaltprävention. Dafür wurde im Rahmen des Projekts bereits ein umfangreiches Fachkonzept erarbeitet, das die Regionen bei der Zielsetzung und Umsetzung anhand eines konkreten Handlungsleitfadens und verschiedenster Beispielansätze unterstützt. Die Erprobung in den Regionen startet im Januar 2025 und läuft über einen Zeitraum von zwei Jahren.
Befristete Förderung lokaler Strukturen für Prävention
Prävention und Gesundheitsförderung gehören entsprechend gesetzlicher Vorgaben zu den Kernaufgaben der Krankenkassen. Das nun gestartete Pilotprojekt erfolgt im Setting der kommunalen Gesundheitsförderung nach Paragraph 20a des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V). Leistungen in diesem Kontext ermöglichen eine befristete Förderung und Unterstützung lokaler Strukturen. Ziel ist es, nachhaltige Strukturen zu schaffen, in denen verschiedenste Akteure sich langfristig für eine gesundheitsfördernde Lebenswelt einsetzen können.