Erhöhter Krankenstand: IGES untersucht die Gründe
Erkältungswellen und rein technische Gründe sind die wichtigsten Ursachen des sprunghaften Anstiegs des Krankenstandes. Keine Rolle spielt hingegen die telefonische Krankschreibung oder vermehrtes „Blaumachen“. Ein bewussterer Umgang mit Erkältungskrankheiten seit der Corona-Pandemie spielt jedoch mit rein.
Berlin, 08. Januar 2025 (IGES Institut) – Das geht es aus einer Sonderanalyse des IGES Instituts für die DAK-Gesundheit hervor. Dafür wertete ein IGES-Expertenteam Daten von 2,4 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten aus den Jahren 2019 bis einschließlich 2023 aus. Eingeflossen ist zudem eine repräsentative Befragung von bundesweit mehr als 7.000 Erwerbstätigen zum Krankmeldeverhalten, die von den IGES-Experten konzipiert und durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführt wurde.
Ziel war es, den Ursachen des auffälligen Anstiegs des Krankenstandes zu ergründen. Dieser kletterte ab dem Jahr 2022 plötzlich auf 5,5 Prozent, nachdem er sich jahrelang um vier Prozent bewegte. Gestiegen ist auch die Betroffenheit: Während in früheren Jahren etwa 47 Prozent der Beschäftigten mindestens eine Krankschreibung pro Jahr hatten, sind es 2022 und auch 2023 64 Prozent.
Ein Drittel der Fehltage infolge von Atemwegserkrankungen
Die Analysen zeigen, dass Atemwegserkrankungen rund ein Drittel und Corona-Infektionen ein Fünftel des Anstiegs bei den Fehltagen verantworten. Auffällig ist zudem, dass der Anstieg zu 80 Prozent durch Kurzzeitzeitfälle mit einer Dauer von bis zu 14 Fehltagen erfolgt.
Übermittlung von Krankschreibungen werden nicht mehr vergessen
Einen entscheidenden Einfluss hat hingegen das 2022 eingeführte elektronische Meldeverfahren, kurz eAU. Dadurch gehen Krankschreibungen automatisch von den Arztpraxen an die Krankenkassen, die Einreichung kann also durch die Versicherten nicht vergessen werden.
Um einen möglichen Einfluss zu nachzuweisen, schauten sich die IGES-Experten die Quoten der Krankgeschriebenen unter den ambulant behandelten Beschäftigen im Verlaufe der Jahre an. Es hängt von der Art der Erkrankung ab, wann ein Arztbesuch mit einer Krankschreibung endet.
Während vor Einführung der eAU beispielsweise für nur zehn Prozent der Bauchschmerz-Betroffenen eine entsprechende Krankschreibung bei der DAK-Gesundheit vorlag, sind es nach der Etablierung des Verfahrens 18 Prozent (4. Quartal 2023). Den Anstieg dieser Quote ordnen die IGES-Experten dem neuen Meldeverfahren zu, denn mehr ambulante Behandlungsfälle ergeben sich aus den Daten für diese Diagnose nicht.
60 Prozent mehr Krankschreibungen bei Erkältungen durch eAU
Der Anstieg der Krankschreibungen bei Atemwegsinfektionen etwa kann auf Basis eines solchen Vergleichs von ambulanten Behandlungsfällen und Krankschreibungen zu rund 60 Prozent auf die Einführung der eAU zurückgeführt werden.
Keinen Einfluss auf den hohen Krankenstand hat zudem die telefonische Krankschreibung, die während der Corona-Pandemie 2020 eingeführt wurde. So folgt das Aufkommen der Krankschreibungen aufgrund von Atemwegserkrankungen den DAK-Daten zufolge weiterhin einem jahreszeittypischen Verlauf.
Vermeidung von Ansteckungen durch telefonische Krankschreibung
73 Prozent der befragten Beschäftigten halten die telefonische Krankschreibung für sinnvoll oder sehr sinnvoll. Insgesamt hat über ein Drittel (36 Prozent) sich bereits einmal per Telefon krankschreiben lassen. Als Grund für die Nutzung nennen sie, dass der eigene gesundheitliche Zustand keinen Arztbesuch zugelassen habe (72 Prozent). Eine große Mehrheit will auch vermeiden, andere Patienten im Wartezimmer anzustecken (86 Prozent).
Mehrheit hat triftigen Grund für das Fehlen am Arbeitsplatz
Interessante Aufschlüsse gibt die Befragung über das individuelle Krankmeldeverhalten. 92,2 Prozent der Beschäftigten geben an, nie ohne triftigen Grund gefehlt zu haben, also nicht blaugemacht zu haben. 85,4 Prozent erklären, in den vergangenen zwölf Monaten nie bei geringer Symptomatik gefehlt zu haben, sondern auch mit leichtem Krankheitsgefühl zur Arbeit gegangen zu sein.
Es gibt jedoch ferner einen Trend zum ärztlichen Attest. So hat der Anteil derjenigen Beschäftigten, die angeben sich immer mit ärztlicher Bescheinigung krankzumelden, zwischen 2015 und 2024 um zehn Prozentpunkte zugenommen.
Verhaltensänderung seit der Corona-Pandemie
Auch beeinflusst die Corona-Pandemie weiterhin das Verhalten bei Infekten. Fast jeder Fünfte lässt sich seitdem eher bei Erkältungssymptomen wie Schnupfen oder Husten krankschreiben. Zugenommen hat ebenso die Einschätzung, dass der Arbeitgeber ein Erscheinen zur Arbeit mit Krankheitssymptomen nicht akzeptieren würde: von 30 Prozent im Jahr 2015 auf fast 50 Prozent in 2024.