Regionalauswertungen zum Arzneimittelmarkt zeigen Nord-Süd-Gefälle
Auf Basis von Daten des Arzneimittel-Atlas haben IGES Wissenschaftler eine Regionalauswertung des Arzneimittelverbrauchs vorgenommen. Sie zeigt, dass süddeutsche Bundesländern die geringsten Arzneimittelausgaben verzeichnen.
Berlin, 18. Oktober 2006 (IGES Institut) - Die süddeutschen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg sowie Hessen haben nicht nur in Bildung und Wirtschaft die Nase vorne. Sie haben - ganz im Sinne der Gesundheitspolitik - auch bundesweit die geringsten Ausgaben für Arzneimittel. Im Gegensatz dazu die neuen Bundesländer: Sie sind in Bezug auf die Ausgaben allesamt in der Spitzengruppe zu finden. Gaben bayerische Krankenkassen im Jahr 2005 durchschnittlich rund 339 Euro je Versicherten für Medikamente aus, waren es in Mecklenburg-Vorpommern oder in Sachsen-Anahlt 430 Euro bzw. 423 Euro - mehr als ein Viertel mehr. Dies ergab eine gemeinsame Studie des IGES Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung und des Marktforschungsinstituts INSIGHT Health auf Basis des Ende September erschienenen "Arzneimittel-Atlas 2006" zur Analyse der bundesweiten Arzneimittelausgaben.
"Je höher das Brutooinlandsprodukt, desto geringer sind die Arzneimittelausgaben eines Bundeslandes. Mehr Wirtschaftskraft bedeutet mehr Reichtum und Wohlstand und damit mehr Gesundheit", erläutert der IGES-Direktor und Autor des Arzneimittel-Atlas Prof. Bertram Häussler. Bayern und Baden-Württemberg standen im Jahr 2005 mit ca. 32.400 bzw. ca. 30.800 Euro nicht nur in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Einwohner an der Spitze der Bundesländer, sondern auch in Bezug auf die Lebenserwartung. Diese betrug bei neugeborenen Mädchen in den Jahren 2002/2004 in Bayern 81,9 und in Baden- Württemberg 82,6 Jahre. Im Bundesdurchschnitte betrug das BIP 27.200 Euro, die Lebenserwartung neugeborener Mädchen lag bei 81,6 Jahren. Das saarland bildete mit 80,4 Jahren das Schlusslicht.
"Es gibt nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im Bereich der Gesundheit ein Nord-Süd-Gefälle: In den süddeutschen Ländern entstehen auf grund der besseren gesundheitlichen Situation der Bevölkerung geringere Arzneimittelausgaben. Gleichzeitig bedeutet die höhere Wirtschaftskraft, dass die Süddeutsche höhere Solidaritätsbeiträge in das System der gesetzlichen Krankenversicherung einbringen können" fügte Häussler hinzu.
Der Arzneimittel-Atlas ist ein neues, vom Berliner IGES Institut entwickeltes Berichtssystem zum Arzneimittelmarkt in Deutschland. Er ermöglicht einen differenzierten Blick auf den Meikamentenverbrauch und basiert auf einer Analyse, die aus insgesamt zehn Komponenten besteht: Im Unterschied zu bereits bestehenden Veröffentlichungen werden auch epidemiologische und medizinische Faktoren berücksichtigt, aber auch wirtschaftliche und gesundheitspolitische Einflüsse auf den Arzneimittelmarkt. Der Arzneimittel-Atlas ist das erste Berichtssystem, das auch auf der Ebene von Bundesländern bzw. kassenärztlichen Vereinigungen verfügbar ist.
Basis des Arzneimittel-Atlas sind Daten über den kompletten Absatz von Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, die von der Firma INSIGHT Health erhoben und bereit gestellt werden. Der Geschäftsführer von INSIGHT Health, Roland Lederer, sagte im Rahmen der Vorstellung des Regional-Atlas: " Auswertungen dieser Art wird es nach den geplanten Veränderungen durch die aktuelle Gesundheitsreform nicht mehr geben, weil die Krankenkassen das Monopol auf diese Daten bekommen sollen."