Zufriedenheit mit der Hebammenbetreuung in Thüringen
Die meisten Mütter aus Thüringen sind derzeit mit der Hebammenversorgung zufrieden. Nur eine von zehn Frauen hatte Probleme, eine Hebamme für die individuelle Schwangeren - oder Wochenbettbetreuung zu finden. Dies betraf häufiger Mütter in kreisfreien Städten und seltener Frauen in ländlichen Regionen.
Berlin, 20. Januar 2016 (IGES Institut) – Das geht aus einem Gutachten des IGES Instituts für das thüringische Gesundheitsministerium hervor, in das insbesondere die Ergebnisse aus Befragungen von Thüringer Hebammen und Müttern eingeflossen sind. Es zeigt, dass aktuell in Thüringen für die Mehrheit der Mütter eine bedarfsgerechte Hebammenversorgung besteht. Allerdings zeigen sich regionale Unterschiede.
So waren über 90 Prozent der Mütter mit der Schwangeren- und Wochenbettbetreuung zufrieden. Für 80 bzw. 84 Prozent der Mütter war es dabei sehr leicht oder leicht, eine Hebamme zu finden. Landesweit betrachtet empfand dies nur rund eine von zehn Frauen als schwierig oder sehr schwierig. Diese Frauen wohnten vor allem in den kreisfreien Städten wie Jena, Weimar und Gera, wo 15 bzw. 12 Prozent der Mütter dies berichteten. In den Landkreisen traf dies nur auf fünf und sieben Prozent der Mütter zu.
Stabile Geburtenzahlen seit 2000
Im Jahr 2013 kamen in Thüringen 17.426 Kinder zur Welt. Diese Zahl hält sich landesweit betrachtet seit dem Jahr 2000 stabil, obwohl in dem Bundesland immer weniger Frauen im gebärfähigen Alter leben. Doch diese bekommen mehr Kinder und kompensieren dies: Lag die durchschnittlichen Kinderzahl pro Frau im Jahr 2000 noch bei 1,21 Kindern, waren dies 2013 bereits 1,49 Kinder. Im Jahr 2014 lag dieser Wert mit 1,55 Kindern sogar auf dem höchsten Stand seit 1990.
Zahl der Hebammen angestiegen
Nach Angaben der zuständigen Berufsgenossenschaft ist die Zahl der freiberuflich tätigen Hebammen in Thüringen seit 2001 angestiegen. Dadurch kamen in 2001 auf 100.000 gebärfähige Frauen noch 44 freiberuflich tätige Hebammen, im Jahr 2013 waren es mit 90 Hebammen gut doppelt so viele.
Im Jahr 2013 haben 374 freiberuflich tätige Hebammen Leistungen mit der AOK Plus abgerechnet; während in den Thüringer Krankenhäusern 209 Hebammen angestellt tätig waren. Die Zahl der angestellten Hebammen ist seit dem Jahr 2000 nahezu unverändert. Allerdings sind immer mehr Teilzeit oder geringfügig beschäftigt.
Hohe Arbeitsbelastung bei Hebammen
Mehr als die Hälfte der Hebammen hat zwischen 2012 und 2014 ihr Arbeitspensum erhöht, für acht von zehn umfassender als gewünscht. Jede vierte freiberufliche Hebamme und jede dritte angestellte Hebamme war mit ihrer Arbeitszeit unzufrieden. Fast zwei Drittel der freiberuflichen Hebammen dachten oft oder sehr oft daran, künftig weniger zu arbeiten. Bei den angestellten Hebammen war dies nur knapp ein Drittel.
15 Prozent der freiberuflichen und 23 Prozent der angestellt tätigen Hebammen denken zudem oft bis sehr oft über einen kompletten Berufsausstieg nach. Am häufigsten nennen sie die hohe Arbeitsbelastung als Grund. Die befragten Hebammen waren alles in allem und trotz der empfundenen Belastung überwiegend mit ihrer Arbeit zufrieden. Dabei waren die freiberuflich tätigen Geburtshelferinnen in Durchschnitt zufriedener als die angestellt tätigen.
Hinweise auf verbesserte Einkommenssituation
Die für das Gutachten erhobenen Daten deuten auf eine bessere Einkommenssituation der Hebammen hin. Allerdings lassen sie keinen Schluss zu, zu welchen Anteilen dies auf Mehrarbeit oder bessere Vergütung zurück geht. Die in der Diskussion stehenden Prämien der Berufshaftpflichtversicherung für Versicherungen, die Geburtshilfeschäden einbeziehen, sind in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Allerdings betrifft dies in Thüringen nur eine relativ kleine Gruppe von freiberuflich tätigen Hebammen, die Geburtshilfe anbietet. Dem Gutachten zufolge mussten ausschließlich freiberuflich tätige Hebammen im Jahr 2014 für ihre Versicherung, die auch Geburtsschäden abdeckt, durchschnittlich 4.563 Euro veranschlagen. Bei den freiberuflichen Hebammen, deren Berufshaftpflicht keine Geburtshilfe abdeckt, lag die Prämie bei 460 Euro.
Bedarfsgerechte Hebammenversorgung auch künftig erwartet
Die IGES-Gutachter erwarten kurz- bis mittelfristig keine Engpässe in der Hebammenhilfe in Thüringen insgesamt, da die Zahl der Hebammen angestiegen ist und die Geburtenzahlen konstant geblieben sind. Allerdings gilt das nicht für alle Teile Thüringens. Sollten Hebammen ihre Arbeitszeiten wie in der Befragung angedeutet wirklich reduzieren, könnte es insbesondere für Frauen vor allem in Jena und Erfurt aufgrund der dort voraussichtlich weiter steigenden Geburtenzahlen künftig noch schwieriger werden, Hebammenhilfe zu finden.
Das Gutachten knüpft an eine vorausgegangene bundesweite Analyse der Hebammenversorgung an, die das IGES im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit im Jahr 2012 vorgelegt hatte. Es fließt in Thüringen in die Arbeit eines „Runden Tisch Geburt und Familie“ ein. Hintergrund ist die seit einiger Zeit anhaltende öffentliche Debatte über die Versorgungs- und Vergütungssituation in der Hebammenhilfe, die vor allem durch stark gestiegene Berufshaftpflichtprämien für Hebammen ausgelöst wurde.
Wissenschaftler des IGES Instituts haben auch die Versorgung mit Hebammenleistungen in anderen Bundesländern untersucht:
In Sachsen (2019): Hebammenstudie Sachsen
In Sachsen-Anhalt (2018): Hebammenstudie Sachsen-Anhalt
In Bayern (2018): Studie zur Hebammenversorgung in Bayern
Bundesweit (2012): Versorgungssituation in der außerklinischen Hebammenhilfe